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Vorwärts

Gedanken, Ideen, Meinungen und Senf von Markus Tofalo

An den Benutzern vorbeigeplant

Bereits durfte man die ersten warmen Sommertage dieses Jahres geniessen. Warum, so überlegt sich der umweltbewusste Stadtbewohner, fährt man nicht mit dem Velo zur Arbeit? Nebenbei profitiert auch der Körper von etwas Bewegung. Weitere Vorteile sind das Freie Parken in unmittelbarer Nähe des Zielorts und, man staune, je nach Verkehrsaufkommen und Route, ein schnelleres Vorwärtskommen als mit dem Bus. In der Innenstadt ist es sogar möglich, ohne grosse Anstrengung, rascher als mit dem Auto zum Ziel zu gelangen – allerdings nicht auf Radwegen...

 stleonhardkreuzung velo 2000

Die Stadt St.Gallen lobt sich, in den letzten Jahren einiges für Velofahrer unternommen zu haben. «Wir haben Radwege festgelegt, Lichtsignalanlagen erweitert, Einbahnstrassen freigegeben usw.» tönt es stolz aus dem Rathaus. Der gute Wille war da, verbaut wurden einigen Steuerfranken. Doch haben unsere Entscheidungsträger und Verkehrsplaner jemals ihre Werke benutzt? Dies muss verneint werden! Auf den täglichen Fahrten sind etliche Mängel am städtischen Radwegnetz, falls dieses überhaupt als solches bezeichnet werden kann, festzustellen. Ein Beispiel für zeitraubende und gefährliche Umwege ist die Verbindung von der Müller-Friedbergstrasse zum Marktplatz. Statt die übersichtliche Metzgergasse passieren zu dürfen, wird man genötigt, durch die verwinkelte Engelgasse zu fahren. An deren Ende gilt es dann die vierspurige Strasse beim Union zu überqueren. Während andere Einbahnstrassen für Velofahrer längst in beide Richtungen befahrbar sind, gilt dies aus einem nicht ersichtlichen Grund für die Metzgergasse nicht.

Wenn Radwege zusätzliche Risiken bergen

Auf der Harzbüchelstrasse ist der Radweg auf dem Trottoir geführt. Ein Velopendler fährt in der Regel Geschwindigkeiten um 20 bis 30 km/h. Auf einem Trottoir wird der zu Schützende plötzlich zur Gefahr für Dritte. Auf der Strasse lauern keine Fussgänger, stehen keine Container. Ein besonders grosses Unfallrisiko stellen für den sich in Sicherheit wiegenden Radler aus Hofeinfahrten heraus fahrende Autofahrer dar. Diese halten meistens intuitiv am Bordstein und übersehen so leicht auf dem Trottoir fahrende Velofahrer. Und vorbei ist es mit dem schönen Schwung, weil einmal mehr unnötig gebremst werden muss. Hinzu kommt, als wolle man die Velofahrer zu gemässigter Geschwindigkeit auf dem mit Fussgängern zu teilenden Bereich ermahnen, ein holpriger Belag, wie bei der Oberstrasse westwärts.

Der Weg von der Rosenbergstrasse hinauf nach Rotmonten kombiniert gleich mehrere Missstände. Zuerst muss auf der Rosenbergstrasse innerhalb von wenigen hundert Metern gleich viermal eine Trottoirrampe überwunden werden, wobei bei der Abfahrt auf die Strasse jedesmal ein Kontrollblick nötig ist, ob kein Autofahrer das Vortrittsrechts des Radlers missachtet. Ist dieser Randsteintanz überwunden, gilt es beim Blumenbergplatz links abzubiegen. Positiv ist hier, dass die Haltelinie beim Lichtsignal für Velofahrer auf die ganze Spurbreite vor der Stossstange des ersten Autos ist. Bei grün kann aber trotzdem nicht gefahren werden, da der Gegenverkehr ebenfalls grün geschalten ist. Das Warten inmitten der Kreuzung stellt selbst für Routinierte eine Zumutung dar. Eine Alternative gibt es nicht. Jeder andere Weg nach Rotmonten verlangt kräftemässig mehr ab. Die Höhendifferenzen sind für den Radfahrer ein wichtiges, wenn nicht das entscheidenste Kriterium bei der Wahl seiner Route. Diesem Umstand wird bei der Planung von Velorouten überhaupt keine Bedeutung zugemessen.

Sind sie erstmals ausgeschildert, gehen Radwege bei den Planern schnell wieder vergessen. So geschehen mit der Einfallsroute entlang des Olma-Arelas in Richtung Museumsquartier. Während der Bauzeit der Olmahalle 9 wurde die Verbindung kurzerhand unterbrochen! Nicht auszudenken wäre es, wenn Strassenverbindungen von vergleichbarer Bedeutung für den motorisierten Verkehr monatelang aufgehoben würden.

Während bei Autos die Federung gewisse Schläge abdämpfen kann, übertragen sich diese beim Radler in ihrer ganzen Härte auf Mensch und Material. Die Frage hat sich schon jeder Velofahrer gestellt, warum Rämpchen erstens so steil sind und zweitens mit Pflastesteinen bestückt sein müssen. Als Beispiel kann hier wieder der Weg südlich der Olma erwähnt werden. Schon der VCS hat diesen groben Missstand kritisiert. Während der leicht abgeschrägte Randstein für gut gefederte Mountainbikes nur ruppig ist, erweist er sich für Alltagsvelos als Felgenknacker. Ein von Westen her kommender Velofahrer, so stellt der VCS fest, ist bei entsprechend konzentrierter Hindernisbewältigung unnötig lange dem Gegenverkehr ab der Autobahn ausgesetzt – eine ärgerlich Material verschleissende und durchaus vermeidbare Zusatzgefährdung der ohnehin schwächeren Verkehrsteilnehmer, so der Vehrkehrsclub weiter. Velolichtsignale, wo man auf zwei Rädern länger wartet als auf vier oder Kurvenradien, die nur im Schrittempe befahren werden können, sind weitere Ärgernisse!

Fazit: Als Alltagsvelofahrer ist man im fliessenden Verkehr mit den Autos schneller, als auf den separierten Zweiradrouten. Wer flüssig und schnell und ohne Fussgänger-Gefährdung vorwärtskommen will, integriert sich im motorisierten Strassenverkehr.

Velowegverbauungen: Ein Sparpotetial!

Den Finanzen der Stadt, bzw. Kanton, wäre mehr geholfen, man würde auf teure Radwegverbauungen verzichten und Velofahrer in den gemischten Verkehr integrieren. Teure Verbauungen können gespart, Alltagsvelofahrer kommen schneller voran, Fussgänger bleiben ungestört und der motorisierte Verkehr wird ohne Schwellen und Geschwindigkeitsbeschränkungen beruhigt. Dem Argument, abgetrennte Radwege dienen der Sicherheit der schwächeren Verkehrsteilnehmer, muss da hingehend widersprochen werden, dass innerhalb der Stadt ohnehin wenig Gelegenheits-Radwanderer unterwegs sind. Wenn ein Umstieg aufs Velo erreicht werden will, müssen die Bedürfnisse von Velofahrern im Alltag auch ernst genommen werden. Auch diese haben, wie die Autofahrer, das Verlangen, möglichst schnell und bequem von A nach B zu gelangen.

Veröffentlicht im damaligen "Ostschweizer Spiegel"

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