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Gedanken, Ideen, Meinungen und Senf von Markus Tofalo

Eine Neupflanzung ist nie ein Ersatz

Es gibt Bäume, die sind ziemlich markant. Sie prägen einen Ort, sind kaum wegzudenken. Die Linde auf dem St.Galler Gallusplatz ist so einer. Auch auf die Kapf-Linde trifft das zu. Diese wurde unlängst mutwillig mit einer Kettensäge verletzt (siehe Artikel aus dem Tagblatt) – ein irreparabler Schaden, der möglicherweise das Ende dieser Linde bedeuten kann. Ein niedergebranntes Haus lässt sich schneller ersetzen als ein über 100-jähriger Baum. Entsprechend sollte auch die Busse sein, wenn man ihn verletzt.

St.Gallen Gallusplatz

Der Täter, sollte er denn gefasst werden, hat kaum eine höhere Busse zu erwarten, als ihn ein Fällgesuch kosten würde, heisst es im Tagblatt-Artikel. Gemäss Gebührentarif des Amtes für Baubewilligungen der Stadt St.Gallen wäre das zwischen 50 und 500 Franken. Ein solches Gesuch kann abgelehnt werden. Es kann also günstiger sein, vollendete Tatsachen zu schaffen.

Bäume sind genau so raumprägend wie Gebäude. Ich denke hier z.B. an die Platanen am Schibenetor.

St.Gallen Schibenertor mit Union und Platanen

St.Gallen Schibenertor ohne Platanen

So wie im untere Bild würde es hier aussehen, wenn sie entfernt würden. Diese Gefahr besteht bekanntlich, soll doch hier eine Parkgarage entstehen (mehr dazu hier). Unlängst entbrannte in Arbon ein heftiger Streit um einen Baum, der einst die Gartenbeiz des Bündnerhofs beschattet hat und nun einem Neubau geopfert werden sollte (siehe hier). Auf massiven Druck hat der Arboner Stadtrat nun seine schützende Hand über den Baum gelegt und das Baugesuch abgelehnt.

Arbon Kastanienallee Seeweg nach Steinach

Nur zu gut scheint man sich hier daran zu erinnern, dass u.a. auch wegen des Fällentscheids der Kastanienallee am Seeweg nach Steinach (Bild) einst die Stadtregierung abgewählt wurde. Wie Bäume ein Landschaftsbild prägen, ist am Beispiel einer gefällten Allee im Sarganserland ersichtlich, siehe hier.

Der Stellenwert von älteren, grösseren Bäumen ist hoch in der Bevölkerung. Man setzt sich für deren Erhalt ein, als ob es sich dabei um wertvolle Gebäude handelt. Also müsste nicht auch auch eine Beschädigung oder ein unbewilligtes Fällen adäquat geahndet werden? Gebäude können, unter sehr hohem Preis versteht sich, wieder aufgebaut werden, wenn sie z.B. einem Brand zum Opfer gefallen sind. Siehe Luzerner Kappellbrücke. Einen alten Baum ersetzt man aber nicht durch eine Neupflanzung. Während ein Ersatzbau in schon zwei Jahren in gleichem Volumen dastehen kann, braucht ein Jungbaum seine 50, 100 oder noch mehr Jahre, bis seine Silhouette wieder jene des ursprünglichen Baums aufweist, bis sein Schatten wieder fällt wie früher.

Ich sehe mich nicht als prinzipieller Baumretter. Ohne den Baumfreunden in Arbon zu nahe treten zu wollen, den Bündnerhofbaum hätte ich einer guten Lösung geopfert. (Das vorliegende Baugesuch war allerdings in meinen Augen keine gute Lösung). Ich wünsche mir aber, dass Schädigungen oder Fällgesuche älterer, grösserer Bäume entsprechend ihrer Bedeutung gebüsst oder behandelt werden. Mehr nicht. Der finanzielle Schaden bei einem Verlust entspricht in keiner Weise den Kosten einer Neupflanzung! Dem muss Rechnung getragen werden.

In diesem Sinne ist eine Busse von 500 Franken für das grobe Verletzen der Kapf-Linde eine lächerlich tiefe Busse. Gebäude- und Autobeschädiogungen werden viel höher bestraft. Der Schaden ist aber schon nach kurzer Zeit nicht mehr sichtbar.

 

 IMG 6912
Möglicherweise älteste Eiche Europas. «La Roverella» wird dieser Baum genannt. Man schätzt sein Alter bis 1400 Jahre. Er steht fast unauffindbar in den süditalienischen Bergen, siehe hier (scrollen bis "La Roverella"). Dieser Baum hat schon einen Waldbrand überlebt. Sein Stamm ist hohl. Damit der Baum trotzdem noch hält, wurde er der Hohlraum mit Beton(!) gefüllt. Dass dies funktioniert gibt mir Hoffnung für die Kapflinde.

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